Ludwig Mesel: mit 80 fit und immer noch erfolgreich
Unser ältester aktiver Läufer feiert am 25. August 2015 seinen 80. Geburtstag. Wie kommt es, dass er immer noch regelmäßig die Laufschuhe schnürt? Und wie fing es an? Welches waren seine schönsten Lauferlebnisse und seine größten Erfolge? Henning Schneehage sprach mit dem Jubilar.
Der laufende Winzer musste sich oft anhören: Du rennst den ganzen Tag im Wingert herum und abends läufst Du noch in den Wald, Du bist verrückt. Doch er wusste, was er tat. Er befolgte den Rat seines Arztes: Achte auf Dein Gewicht und beweg Dich. Damit begann in den 1970er Jahren seine Läuferkarriere. Der Anfang war nicht leicht. Einige Kilo schwerer als heute, begann er mit abendlichem Training am Herzogweiher. „Ich war stolz wie ein Schneekönig, als ich es dann einmal um den See herum ohne Gehpausen schaffte“, erinnert er sich.
Bald trat er dem Turnverein bei, fand dort Gleichgesinnte – aus dessen Kreis später der Laufclub entstand – und beteiligte sich eifrig an Volksläufen: „Wir waren scharf auf die schönen Medaillen“. Dass er Talent zum Laufen hatte, zeigt seine enorme Leistungsentwicklung. 1977, mit 42 Jahren, lief er die 10-km-Distanz in 36:22 Minuten (in Schifferstadt als Gesamt-Sechster). Im gleichen Jahr versuchte er sich (in Rülzheim) bereits auf der Marathondistanz und kam in 3:17 Stunden ins Ziel. Ein Jahr später lief er bereits 2:55:07 Stunden. Das wundert ihn noch heute: „Beim zweiten Marathon, ohne großes Training bereits eine solche Bestzeit, unglaublich!“. Auch später konnte er trotz intensiveren Trainings diese Zeit nie mehr unterbieten.
Im Jahr 2000, mit 65 Jahren, lief er beim Weinstraßen-Marathon vor heimischer Kulisse in 3:37 Stunden über die besonders schwere bergige 42,2-km-Strecke (mit 500 Höhenmetern) und siegte in der Klasse M65 mit einer halben Stunde Vorsprung. Ein Jahr später, als 66-Jähriger, war er über 10 km mit 39:57 Minuten so schnell, wie schon Jahre vorher nicht mehr. Und in seinem besonders erfolgreichen Jahr 2006 gewann er als 71-Jähriger beim Weinstraßen-Marathon die Klasse M70 in 3:49 Stunden mit einer halben Stunde Vorsprung.
Für ihn selbstverständlich, dass er seit 1998 an jedem der bisher neun Marathons, die nahe an seinen Weinbergen in Bad Dürkheim vorbeiführen, teilgenommen hat. Immer über die volle Distanz. Aber für das kommende Jahr (2016) ist er sich da noch nicht sicher: „Die Ausdauer ist da, aber ich werde immer langsamer und Letzter will ich nicht werden. Vielleicht starte ich über Halbmarathon.“
Erfolgsjahr 2006
Im Rückblick auf seine sportliche Laufbahn spielt das Jahr 2006 eine besondere Rolle. Da war er 71. Bei 42 Starts gewann er 35-mal in seiner Altersklasse M70. Höhepunkt des Sportjahres war der Titelgewinn bei den Deutschen Seniorenmeisterschaften im Berglauf. Auch bei den Senioren-Europa- und -Weltmeisterschaften im Berglauf konnte er gut mithalten: Bei der EM holte er Bronze, bei der WM verfehlte er das Edelmetall nur knapp. Auf Pfalz-Ebene gewann er drei Titel: im Berglauf, Waldlauf und Crosslauf. Es hätten auch noch ein paar mehr werden können, wenn die Termine besser gepasst hätten. Erwähnenswert auch der Gewinn beim Schwarzwald-Berglaufpokal, wo er drei Jahre nacheinander siegte, sowie im Pfälzer Berglaufpokal. Als Krönung dieses besonderen Jahres 2006 wurde Mesel zum Sportler des Jahres von Bad Dürkheim gekürt. Die Leser der Tageszeitung DIE RHEINPFALZ hatten den sympathischen und allseits bekannten Seniorenläufer mit überwältigender Mehrheit gewählt.
Mesel führt keine Statistiken oder besonderen Aufzeichnungen. Aber er sammelt die Urkunden seiner Erfolge oder schönsten Lauferlebnisse. Und da liegen die Urkunden der Deutschen Meisterschaften ganz oben: Dritter mit der LC-Mannschaft bei der Deutschen Berglaufmeisterschaft 2001, Gold, wie erwähnt, bei der Berglauf-DM 2006 in der Einzelwertung M70 sowie Bronze 2007, und bei Deutschen Crosslauf-Meisterschaften in den Jahren 2010 und 2011 in der Klasse M 75 jeweils Silber. Auch der Start beim Rom-Marathon im Jahr 2007 (1. M70 in 3:51) ist ihm noch in besonderer Erinnerung, allein schon wegen der schönen Medaille, die ihm nachgesandt wurde, weil er zunächst in der Ergebnisliste fehlte und bei der Siegerehrung leer ausging.
Laufen als Lebenselexier und Gesundbrunnen
Seinen Sport auf das Streben nach Zeiten, Medaillen und Platzierungen zu reduzieren, wäre aber falsch – wenngleich der sportliche Ehrgeiz auch dazu gehört. Für Mesel ist das Laufen, das tägliche Training, offenbar Lebenselexier und Gesundbrunnen zugleich. „Durch den Sport habe ich einen Gegenpol zu meiner Arbeit geschaffen“, sagt er. „Beim Laufen nach der Arbeit konnte ich abschalten, mir meine Gedanken machen, und es hat der Gesundheit genützt. Ohne Laufen hätte ich diese Lebensqualität heute nicht.“ Das hat ihm auch seine Familie ermöglicht, zu der heute außer fünf Kindern neun Enkel zählen. Ehefrau Christa zeigte Verständnis dafür, dass der Mann abends in den Wald rannte, statt die Füße hochzulegen. Durch die gemeinsame Arbeit im eigenen Betrieb und das tägliche gemeinsame Mittagessen waren die Bedingungen dafür auch deutlich günstiger als bei anderen Läufern, die ihren Beruf außer Haus ausüben.
Das Laufen habe auch seinen Horizont erweitert, resümiert Mesel. Durch den Sport habe er sowohl Deutschland als auch Land und Leute der Nachbarländer kennengelernt, und er weist auf die Stafettenläufe des LC hin – meist in die Dürkheimer Partnerstädte und Partnerlandkreise –, die Mesel samt und sonders mitgemacht hat: nonstop nach Südtirol, Frankreich, England und zu den olympischen Spielen nach Barcelona, sowie die innerhalb Deutschlands: entlang der Weinstraße, nach Starnberg, Kempten, Bad Berka.
Pilgerwanderungen prägend
Etwas ganz Besonderes seien aber seine Pilgerwanderungen gewesen. In drei Vier-Wochen-Touren in den Jahren 2006 bis 2008 ist er mit seinem Freund Hermann Koch, ebenfalls früher engagierter Läufer und langjähriger LC-Vizechef, von Frankreich bis Santiago di Compostela gepilgert. Den Startpunkt in Frankreich wählten sie dort, wo sie bereits beim Stafettenlauf von Dürkheim aus hingelaufen waren. In jüngster Zeit nahm er innerdeutsche Pilgerrouten unter die Füße, wochenweise und allein. „Die Leute, die man da trifft, das war prägend“, erzählt er.
Der Vollständigkeit sei erwähnt, dass er sämtliche LC-Wanderungen, sei es in der Pfalz, in den Vogesen oder in den Alpen, zusammen mit den Wanderfreunden aus Kempten, mitgemacht hat. Sein Lauftraining vernachlässigte er dabei nicht. So ist überliefert, dass er manchmal von der Berghütte, wo übernachtet wurde, nach der Tour noch ins Tal und wieder hinauf gerannt ist.
Als ihm im Jahr 2010 die Ehrenmitgliedschaft des Laufclubs verliehen wurde, würdigte der LC-Vorsitzende Wolfgang Schantz Mesels Verdienste und seinen vielfältigen Einsatz für den Club – er gehörte von 1982 bis 1992 dem LC-Vorstand als Kassenwart an und stand anschließend jedes Jahr als Kassenprüfer zur Verfügung – und hob sein stets sportliches Auftreten und faires Verhalten hervor. Das mache ihn zum Vorbild. Wer ihn kennt, wird das bestätigen.
(von Henning Schneehage am 18.08.2015)
Presse:
Tageszeitung DIE RHEINPFALZ, Regionalausgabe Bad Dürkheim vom 25.08.2015
Tageszeitung DIE RHEINPFALZ, Regionalausgabe Bad Dürkheim vom 25.02.2018