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Senioren-Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Perth/Australien (26.10.-06.11.2016)

Am Schlusstag der Senioren-Leichtathletik-Weltmeisterschaften im australischen Perth reichte es für Sonja Deiß noch zu einer Medaille: Die 38-Jährige holte beim Halbmarathon Bronze in ihrer Altersklasse W35.

Auf der 21,1 Kilometer langen Runde durch die westaustralische Metropole entlang des Swan Rivers lief Deiß am frühen Sonntagmorgen in 1:36:46 Stunden ins Ziel. Unter 21 Läuferinnen – davon 16 aus Australien und 4 aus Großbritannien – war das Rang drei in W35.

Neun Tage zuvor hatte sie beim 5.000-Meter-Lauf auf der Bahn des Ern Clark Athletic Centre in 20:51 Minuten den 7. Platz erzielt – hier waren 12 Läuferinnen aus 7 Nationen am Start – und war am Montag zuvor über 10.000 Meter in 44:16 Minuten Fünfte geworden (von 6 aus 5 Nationen).

Infos und Ergebnisse unter <link http: www.perth2016.com _blank external-link-new-window externen link in neuem>www.perth2016.com

Hier Sonjas persönlicher Bericht:

Mein erstes WM-Rennen hatte ich am Freitagnachmittag (28.10.) um 15.30 Uhr über 5.000 Meter. Es fand im Ern Clark Athletic Centre statt, das neben dem Hauptstadion (Western Australian Athletics Stadium) als Wettkampfstätte diente.

Die Abläufe bei einer solch hochkarätigen Veranstaltung sind um einiges aufwendiger als bei den Läufen, an denen ich sonst regelmäßig teilnehme. Da gibt es den Callroom, in dem sich die Athleten 30 Minuten vor dem Start einfinden müssen. Dort erhalten die Sportler, die bereits eine Startnummer vorne und hinten tragen, noch weitere Nummern, die an den beiden Körperseiten zu befestigen sind. Danach werden die Athleten in den Startbereich geführt. Den Stadionbereich darf man zu diesem Zeitpunkt nicht mehr verlassen, auch das Aufwärmen ist dann nur noch bedingt möglich. Kurz vor der geplanten Startzeit werden die Athleten anhand ihrer kleinen Nummern an der Startlinie aufgestellt, danach folgt der Start.

Die Bedingungen am Freitagnachmittag waren gut, nur der Gegenwind auf der Zielgeraden empfanden viele als störend. Ich fand ihn eher erfrischend, und am Ende wurde er mir noch hilfreich. Zwölfeinhalb Stadionrunden waren zu absolvieren. Als einzige Deutsche in diesem Wettbewerb wurde ich in der vorletzten Runde von einer Kanadierin überholt. Ich dachte, dass sie anschließend gleich ins Ziel laufen würde. Doch zu meiner Überraschung war dies nicht der Fall. Ich fühlte mich noch gut, hatte noch Kraft und wollte es mir nicht gefallen lassen, so kurz vor dem Ende überholt zu werden. Also beschleunigte ich aus der letzten Kurve heraus und lief gegen den Wind was ich konnte. Am Ende konnte ich sie um vier Sekunden hinter mir lassen. Die Kanadierin hatte wohl alles gegeben, denn sie ist im Ziel zusammengebrochen. Ich holte ihr einen Stuhl und erfuhr von ihren Teamkolleginnen, dass sie Diabetikerin sei und dass es ihr bald wieder besser gehen würde. Unter den 12 Finishern wurde ich mit 20:51 Minuten am Ende Siebte, 20 Sekunden hinter der Läuferin aus den Niederlanden, mit der ich zunächst mithalten konnte.

Das Wochenende war dann frei und zum Erholen, bevor am Montag der Lauf über die 10.000-Meter-Distanz in demselben Stadion anstand. 25 Runden sind dafür zu absolvieren. Aufgrund der geringen Teilnehmerzahl in der W35 über diese Distanz liefen die Sportlerinnen der W40 in demselben Lauf mit. Nach dem Lauf am Freitag fühlte ich mich gut und hoffte, dieses Tempo in etwa auch über die doppelte Distanz laufen zu können. Um 13.15 Uhr war der Start. Die Temperaturen waren im Vergleich zum Rennen am Freitagnachmittag höher und lagen so um die 25 Grad. Auch der Wind wehte viel stärker. So wurde es ein anstrengendes Rennen für alle Athleten. Immerhin standen auf der Gegengeraden Helfer, die den Läuferinnen Wasser reichten. Das war eine willkommene Abwechslung, insbesondere zum Kühlen von Kopf, Nacken und den Armen. An dem Tag lief es aber für mich nicht gut. Nach 2000 Metern zeigte die Uhr bereits deutlich über 8 Minuten, und es lagen noch 8000 Meter vor mir. Am Ende blieb die Uhr bei 44:15 Minuten stehen. Das war der fünfte aber gleichzeitig auch letzte Platz in meiner Altersklasse. Eine Französin war schon nach wenigen Runden aus dem Rennen gegangen. Einige Läuferinnen der Altersklasse W40 benötigten aber deutlich länger, so war ich wenigstens nicht die Letzte des gesamten Laufs.

Nach diesem enttäuschenden Ergebnis lag der Fokus nun auf dem abschließenden Halbmarathon, der am frühen Sonntagmorgen (6. November), dem letzten Tag der Wettbewerbe, am Swan River entlang führte. Ich war diesmal die einzige Vertreterin aus Mitteleuropa in meiner Altersklasse, neben Australierinnen waren nur noch vier Läuferinnen aus Großbritannien am Start. Zwei weitere deutsche Athletinnen hatten für die Mannschaftswertung in meine Klasse „runtergemeldet“. Das Ziel lautete also: gut laufen und auf jeden Fall ins Ziel kommen – für die Mannschaftswertung. Bronze war quasi sicher.

Um ein Haar hätte ich jedoch den Start verpasst. Zwischenzeitlich hatte der Veranstalter bekannt gegeben, dass der Start um 15 Minuten verschoben wird, also ging ich noch mal auf die Strecke. Als ich dann kurz nach 6.30 Uhr, der ursprünglichen Startzeit, Richtung Startlinie blickte, standen alle schon so bereit, als würde es gleich losgehen. In der Zwischenzeit wurde nämlich die Verschiebung der Startzeit wieder weitgehend zurückgenommen.

Und mit der Mannschaftswertung kam es auch anders als geplant. Die deutsche Läuferin, die mit der schnellsten Zeit gemeldet war, lief stark an, Ich ging eher verhalten an, denn ich spürte ein Ziehen in den Waden. Woher das kam, war mir zunächst nicht klar. Also wollte ich nichts riskieren, vor allem keinen Krampf, der mich zum Gehen zwingt. Die Waden hielten, es war unterwegs teilweise sehr windig, eine Brücke war zweimal zu überqueren und die Sonne schickte ihre intensiven Strahlen schon zu dieser frühen Tageszeit an die australische Westküste.

Beim Wendepunkt war die aktuelle Laufzeit zu sehen, aber leider war es die Zeit der Marathonläufer, die zuvor gestartet waren. Durch die Änderungen im Zeitplan ließ sich nicht auf die aktuelle Zeit des Halbmarathonlaufs schließen. Also weiterlaufen und hoffen, dass das Ziel bald erreicht wird. Von allen Mannschaftsmitgliedern war ich nach 1:36:46 Minuten die Erste im Ziel, die nächste Läuferin folgte bald drauf. Sie berichtete, dass sie die dritte Deutsche bei Kilometer 18 überholt hatte. Nur, wo war sie? Sie war nicht zu finden, auch ihre Begleitung nicht und später stellten wir mit Schrecken fest, dass sie auch nicht auf der Ergebnisliste aufgeführt war. Was war passiert? Enttäuscht, dass die Mannschaftswertung nun dahin ist, suchten wir nach einer Erklärung. Im Rahmen der Siegerehrung erfuhren wir, dass die vermisste Läuferin ins Krankenhaus gebracht worden war. Zum Glück wurde sie nach kurzer Zeit wieder entlassen.

Mehr als ein Trostpflaster gab es dennoch für uns beiden verbliebenen Athletinnen der geplatzten Mannschaft: Wir gewannen Bronze in unserer jeweiligen Altersklasse. Welch eine Überraschung! Nun gingen die Wettbewerbe für mich zwar ohne die so sehr erhoffte Mannschaftsmedaille (es wäre Silber geworden) zu Ende, doch mit einer völlig überraschenden Einzelmedaille.